Das Fach Werte und Normen
Als Zeuge zunehmend komplexer werdender gesellschaftlicher Veränderungen in bspw. ökonomischen oder religiösen Kontexten, sehen sich Heranwachsende oftmals mit einer Verunsicherung bezüglich der Wertmaßstäbe ihres Handelns konfrontiert (vgl. KC Werte und Normen, S.5) und sind gefordert, in einer individualistischen Gesellschaft Frei- und Gestaltungsräume für ihre persönliche Identitätsentwicklung auszuloten.
„Dem [im Niedersächsischen Schulgesetz, Anm. Sh] verankerten Ziel, ,(...) die Persönlichkeit der Schülerinnen und Schüler auf der Grundlage des Christentums, des europäischen Humanismus und der Ideen der liberalen, demokratischen und sozialen Freiheitsbewegungen' weiterzuentwickeln, trägt das Fach Werte und Normen im besonderen Maße Rechnung." (ebd., S.5)
Ziel des Unterrichts ist es, möglichen Orientierungsproblemen, die sich aus konkurrierenden Weltanschauungen und Wahrheitsansprüchen ergeben, entgegenzuwirken. Es sollen daher Anreize geboten werden, eine eigene Werteorientierung zu finden und zu begründen. Zugleich sollen Verständnis für andere und Toleranz gegenüber abweichenden Orientierungen geweckt werden, damit zunehmend zwischen eigenen Vorurteilen und vernunftbasierter Positionierung unterschieden werden kann (vgl. ebd., S.6). Pluralismus und Empathie sind daher zentrale Leitgedanken des Unterrichts und sollen auch praktisch in Entscheidungs- und Handlungssituationen, wie sie sich den Schüler*innen heute stellen, eingeübt werden.
Altersangemessen werden zu diesem Zweck unterschiedliche Problemfragen vor dem Hintergrund verschiedener Bezugswissenschaften (Philosophie, Religionswissenschaft, Gesellschaftswissenschaften wie Soziologie, Psychologie u.a.) behandelt. Die prozessbezogenen Kompetenzen „Wahrnehmen und Beschreiben", „Verstehen und Reflektieren" sowie „Diskutieren und Urteilen" umreißen die Fähigkeiten und Fertigkeiten, mit denen die Schülerinnen und Schüler die inhaltlichen Kompetenzbereiche mit zunehmender Selbstständigkeit erarbeiten. Ein solcher Unterricht zielt folglich auf „aktives, eigenständiges und problemorientiertes Philosophieren und nicht bloß auf rein rezeptives Lernen von philosophiehistorischen Fakten und Systemen" (ebd., S. 5).
(Tabelle ebd., S. 11. Konkretere Ausdifferenzierung KC S.19-33)
Im Gegensatz zum Religionsunterricht trägt der Staat die alleinige Verantwortung für das Fach Werte und Normen und verlangt die weltanschauliche und religiöse Neutralität des Faches. Es werden vergleichbare Fragestellungen, Probleme und Sachverhalte behandelt, diese sind jedoch nicht an die Grundsätze einer bestimmten Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft gebunden (vgl. ebd., S.6). Sein wesentliches Grundprinzip ist vielmehr einerseits die große plurale Offenheit, die Absolutheitsansprüche ausschließt, andererseits ist damit jedoch auch keine Beliebigkeit gegeben, da sich die Antworten des Faches Werte und Normen an der Würde des Menschen und den Prinzipien der freiheitlich-demokratischen Grundordnung orientieren.
Das Fach Werte und Normen stellt eine Alternative für alle Schülerinnen und Schüler dar, die nicht am Religionsunterricht teilnehmen, und kann in der Sekundarstufe II unter entsprechender Anwahl innerhalb des Aufgabenfelds B (gesellschaftliches Profil) auf grundlegendem Niveau als Abiturprüfungsfach gewählt werden.